Einsichtsrecht des Personalrats in Bruttolohnlisten
Stand: 08.08.2024
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist die Personalvertretung der Hochschule von der Dienststelle rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Auf dieser Grundlage verlangt der Personalrat auch die Einsicht in Bruttolohnlisten der Beschäftigten. Sind diese Listen nicht anonymisiert, sondern personenbezogen, muss sich die Einsicht in die Unterlagen auch an datenschutzrechtlichen Maßstäben messen lassen.
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Die Frage, ob eine beschäftigte Person der Einsichtnahme durch den Betriebsrat widersprechen kann, wurde schon lange vor Geltung der DS-GVO diskutiert. Zumindest dem Argument, dass ein Widerspruchsrecht nicht ausdrücklich normiert sei, kann man nicht mehr folgen. Denn Art. 21 DS-GVO sieht für die betroffene Person ein Widerspruchsrecht vor – zumindest dann, wenn die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. lit. e oder lit. f DS-GVO erfolgt. Stützt man die Datenverarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Abs. 3 DS-GVO in Verbindung mit § 15 LDSG – aus Sicht von ZENDAS ist diese Rechtsgrundlage einschlägig, siehe oben – besteht ein Widerspruchsrecht der Beschäftigten. Auf dieses müsste sich die beschäftigte Person selbst berufen; dies kann nicht die Hochschule gegenüber dem Personalrat tun.
Die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte lehnt in ihrem Tätigkeitsbericht 2023 (a.a.O.) ein Widerspruchsrecht ab. Art. 21 DS-GVO sei tatbestandlich nicht anwendbar. Sie scheint also durch den Hinweis „unter Bezugnahme auf eine gesetzliche Pflicht“ als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung Art. 6 Abs. 1 lit. c DS-GVO heranzuziehen.
Die Ablehnung eines Widerspruchsrechts entspricht auch der Zielrichtung des Bundesarbeitsgerichts in einem Beschluss vom 09.4.2019 (Az. 1 ABR 51/17) [PDF] ), das – bezogen auf die Mitteilung einer Schwangerschaft – darauf hinwies, dass Art. 21 Abs. 1 DS-GVO nicht anwendbar ist, „weil die Offenlegung der Daten gegenüber dem Betriebsrat nicht auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Buchst. e oder f DS-GVO, sondern von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO iVm. § 26 Abs. 3 BDSG erfolgen würde“. Danach dürfen sensible Daten dann verarbeitet werden, wenn die Verarbeitung erforderlich ist, „damit der Verantwortliche oder die betroffene Person die ihm bzw. ihr aus dem Arbeitsrecht und dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte ausüben und seinen bzw. ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann“.
Stützt man – aus Sicht von ZENDAS ebenfalls vertretbar – die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 71 Abs. 1 LPVG in Verbindung mit den §§ 69, 70 LPVG, so besteht das Widerspruchsrecht des Art. 21 DS-GVO nicht.
Dies gilt wohl auch für den Fall, dass man beide Rechtsgrundlagen für einschlägig hält. Nach Kühling/Buchner/Herbst besteht nach dem Zweck der Vorschrift auch dann kein Widerspruchsrecht, wenn die Verarbeitung zugleich auf eine andere Rechtsgrundlage als Art. 6 Abs. 1 lit. e oder f. DS-GVO gestützt werden kann (so in DS-GVO, 4. Auflage 2024, Art. 21 Rn. 12). Es wird argumentiert, dass bei einer Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. c DS-GVO diese Verpflichtung dem Widerspruchsrecht vor geht (so Ehmann/Selmayr/Kamann/Braun, 3. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 21 Rn. 12). Teile der Literatur differenzieren hier: Sehen den Widerspruch zwar nicht vom Tatbestand her als ausgeschlossen an, aber auf der Rechtsfolgenebene (so Paal/Pauly/Martini, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 21 Rn. 28).
Mittlerweile hat sich auch der Bundesgerichtshof dazu positioniert, dass das Widerspruchsrecht aufgrund einer Verarbeitung von Art. 6 Abs. 1 lit. c DS-GVO auch dann nicht besteht, wenn die Verarbeitung zugleich nach Art. 6 Abs. 1 lit e. DS-GVO erlaubt wäre (Beschluss vom 23.1.2024 – II ZB 7/23 [PDF] ).
Für den Fall, dass man Art. 6 Abs. 1 lit. c DS-GVO für nicht einschlägig hält – weil man beispielsweise die rechtliche Verpflichtung für nicht konkret genug hält – bestünde ein Widerspruchsrecht im Sinne des Art. 21 DS-GVO.