Anfragen von Sicherheitsbehörden

Stand: 21.11.2019

Nicht alltäglich ist es, dass Ermittlungsbeamte der Staatsanwaltschaft eines Morgens mit einem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vor der Türe stehen - so geschehen am Morgen des 18.03.2004 bei mehreren Rechenzentren baden-württembergischer Hochschulen.

Ein Blick in die richterliche Anordnung konnte aber zur ersten Beruhigung beitragen:
Das Ermittlungsverfahren richtete sich nicht gegen Mitglieder oder Verantwortliche der Universität, sondern gegen Personen außerhalb der Hochschulen. Die Beamten wurden (lediglich) vorstellig, um Beweismittel zu sichern. Dies sollte durch die Beschlagnahme einer Sicherungskopie eines Servers erfolgen, der mit Hilfe der in der richterlichen Anordnung angegebenen IP-Adresse (eine meist eindeutige Rechneradresse) (Info Info) lokalisiert wurde.

Was war der Hintergrund?

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Ursprünglicher Ausgangspunkt waren Ermittlungen gegen ein Mitglied eines Internetforums wegen des Verdachts der Kreditkartenfälschung. Im Zuge der Ermittlungen erhielten die ermittelnden Stellen Einblick in den Aufbau, die Organisation und die Tätigkeiten des Internetforums "Liquid FXP". FXP steht für "File Exchange Protocol" und stellt eine Erweiterung von FTP dar, mit der es möglich ist, Daten direkt (ohne Umweg über einen Client) zwischen zwei FTP-Servern zu übertragen. Das Forum steht im Verdacht, Raubkopien von Software, Filmen und Musik allen Mitgliedern zum Download bereitgestellt zu haben.

Um die Dimensionen etwas zu verdeutlichen:

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Es wurde festgestellt, dass der Gruppierung 476 Mitglieder in 33 Staaten, davon 126 in Deutschland, angehören. Insgesamt sollen 11.820 Server in 83 Staaten gehackt worden sein, davon 619 Server in 344 verschiedenen Firmen und Institutionen in Deutschland. Auf den gehackten Servern sollen die Mitglieder des Forums "Liquid FXP" Speicherplatz für die Ablage von Raubkopien genutzt und einen FTP-Server zum Vertrieb dieser Raubkopien - beispielsweise von Filmen wie "Herr der Ringe", "Im Dutzend billiger" (Kinostart in Deutschland: 25.03.04) - installiert haben.

Exekutivmaßnahme

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Die Ermittlungsbehörden veranlassten daraufhin eine bundesweite "Exekutivmaßnahme" (Pressemitteilung des BKA vom 18.03.2004 Externer Link).

Am 16.03.2004 wurden nach Angaben des BKA in 15 Bundsländern insgesamt 132 Durchsuchungsbeschlüsse gegen Beschuldigte vollstreckt. In einer weiteren Aktion wurden am 18.03.2004 weitere 337 Beschlagnahmen und Durchsuchungen bei Firmen und Institutionen (u. a. Hochschulen) durchgeführt, deren Server möglicherweise gehackt wurden und aufgrund deren Protokolldateien sich Spuren zu den Personen, gegen die sich die Ermittlungen richten, ergeben können. Im Zusammenhang dieser Aktion vom 18.03.2004 steht auch der Besuch durch Ermittlungsbeamte bei Hochschulrechenzentren in Baden-Württemberg.

Mit der Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahme sind auch datenschutzrechtliche Belange betroffen (z.B. auf Kopie der Festplatte befindliche personenbezogene Daten werden herausgegeben). Die ursprünglich für einen bestimmten Zweck erhobenen Daten werden dann für einen anderen Zweck - nämlich den der Strafverfolgung - genutzt. Da dies einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. Damit ergibt sich die Frage, auf welchen rechtlichen Grundlagen derartige Maßnahmen stehen und welche Verhaltensweisen aus Sicht der betroffenen Hochschulen angeraten sind.

Weitere Informationen

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Links

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2006

Heise-Newsmeldung vom 04.02.2006: GVU-Fahnder als Raubkopierer-Komplizen [Update]
http://www.heise.de/newsticker/meldung/69206 Externer Link

Heise-Newsmeldung vom 26.01.2006: Generalstaatsanwaltschaft klagt über ungebremste P2P-Strafanzeigen-Maschine
http://www.heise.de/newsticker/meldung/68882 Externer Link

Heise-Newsmeldung vom 24.01.2006: Großrazzia gegen Raubkopierer
http://www.heise.de/newsticker/meldung/68738 Externer Link

Heise-Newsmeldung vom 24.01.2006: GVU soll Raubkopierer gesponsert haben
http://www.heise.de/newsticker/meldung/68760 Externer Link

2005

2004

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